Alles steht miteinander in digitaler Verbindung: von den Uhren, die wir benutzen, über die Städte, in denen wir uns bewegen, bis hin zu den Geräten, über die wir miteinander kommunizieren. Als Nutzer und Nutzerinnen in diesem gigantischen Beziehungsgeflecht interagieren wir häufig nur an der Oberfläche dieser Netzwerke. Wie kann Klang uns helfen, sie wahrnehmbar zu machen und die Tiefenstrukturen, aus denen sie sich zusammensetzen, zu hören?
Wie schaffen Klangkünstler und Klangkünstlerinnen ihre eigenen Netzwerke – von Schaltkreisen modularer Synthesizer über rekursive Codes hin zu singenden Brücken, die verschiedene Orte unserer Welt verbinden?
Der Komponist Roland Kayn ist ein Pionier der kybernetischen Musik: Seine Komposition
Cybernetics III, entstanden 1969 in Mailand, verbindet systemtheoretisches Denken mit elektroakustischer Klangforschung. Kayn entwickelte seine Werke als autopoietische Systeme – also sich selbstorganisierende Prozesse, in denen der Klang sein eigenes Verhalten formt.
Ben Carey erforscht in
Metastability die fragilen Gleichgewichtszustände modularer Systeme. Das Werk entstand 2019 und 2021 im Rahmen zweier Residenzen am Melbourne Electronic Sound Studio mit einem analogen Modularsynthesizer aus den 1970er-Jahren, einem La Trobe Serge „Paperface“, dessen instabile Schaltkreise Carey zu einer organischen Klangentwicklung nutzt.
Das Duo MSHR (Birch Cooper & Brenna Murphy) entwickelt in
/systemArchitecture eine performative Klangskulptur, die digitale Netzwerke und Feedbackprozesse hörbar macht. Mit Hilfe von SuperCollider, einer Programmiersprache für Echtzeit-Klangsynthese, entstehen verschachtelte Rückkopplungssysteme, die sich ständig verändern – eine akustische Architektur zwischen Algorithmik und Zufall.
Seit 2003 leitet die Klangkünstlerin Christina Kubisch ihre “Electrical Walks”, in denen durch speziell entwickelte Kopfhörer elektromagnetische Felder akustisch erfahrbar werden. Ihr Album
Five Electrical Walks dokumentiert diese Klangentdeckungen erstmals als komponierte Sammlung und lädt ein, die verborgenen Infrastrukturen des städtischen Raums akustisch zu entdecken.
Auch Jodi Rose lässt uns mit ihrem Projekt
Singing Bridges die Welt neu hören, indem sie Brücken auf der ganzen Welt zum Klingen bringt: Die Klangkünstlerin befestigt Kontaktmikrofone an Tragseilen und zeichnet deren Schwingungen auf. So entstehen akustische Porträts urbaner Infrastrukturen – Resonanzen von Material, Spannung und Verbindung.
Alexandra Spence lenkt in
Stellar Nullius den Blick ins All. Die Komposition thematisiert Weltraumschrott und reflektiert über die historischen Verbindungen zwischen elektronischer Musik und Raumfahrt – ein Echo technologischer Hinterlassenschaften.