Hörspielmanifest für Körperteile

Am Rande des Untergangs vergnügt sich das Kapital

Eine Werbe-Postkarte für die Plansprache Esperanto aus dem Jahr 1905.
Eine Utopie der Verständigung: die Universalsprache Esperanto. © Jean Vigne / imago images / Kharbine Tapabor
Von Joël László · 08.01.2023
• Doku-Fiktion • Wir alle sind Teile von etwas Größerem. Und alle Teile hängen zusammen. Weshalb aber tun wir uns unaufhörlich schreckliche Dinge an? Ein Hörspiel über zwei historische Idealisten und ihre Utopien der Verständigung.
1906 kreuzen sich im polnischen Białystok die Biografien eines älteren und eines jüngeren Mannes, die für einige Zeit fast gegenüber gewohnt haben. In ihrer Heimatstadt lebt damals eine jüdische Mehrheit. Auf der Straße verständigt man sich gleichzeitig und nebeneinander auf Russisch, Polnisch, Jiddisch und Deutsch. Als es zu einem grausamen Pogrom kommt, werden Ludwik Zamenhof und David Kaufmann Augenzeugen: Ersterer wird weltberühmt als Erfinder der Plansprache Esperanto, die internationale Verständigung erleichtern soll. Der jüngere David Kaufman nimmt in Moskau den Namen Dziga Vertov an und gilt als ein herausragender Pionier des Stummfilms und des frühen Tonfilms. Seinem Werk „Der Mann mit der Kamera“ stellt er ein Manifest voran, das auf eine neue, alle Menschen vereinigende visuelle Sprache zielt.
Mit einem Reden und Sehen, das die Menschen zu einander hin und weg von der Gewalt zu führen versucht, spricht sich das Hörspiel in die Gegenwart hinein und denkt nach – mit Augen, Ohren, dem Mund, Händen und Gliedern.
Porträt von Ludwik Zamenhof (1859-1917), dem Erfinder der Kunstsprache Esperanto.
Porträt von Ludwik Zamenhof (1859-1917), dem Erfinder der Kunstsprache Esperanto.© imago / UnitedArchives

Am Rande des Untergangs vergnügt sich das Kapital
Von Joël László
Regie: Henri Hüster
Mit: Sandra Gerling, Sebastian Hufschmidt, Jirka Zett, Carlo Ljubek, Rafael Stachowiak
Komposition: Florentin Berger-Monit und Johannes Wernicke
Ton: Kay Poppe
Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2020
Länge: 86'59

Joël László, geboren 1982 in Zürich, schreibt Theaterstücke und Prosa und arbeitet als Übersetzer. Er studierte Islamwissenschaft und Geschichte und lebte längere Zeit in Kairo. Hausautor am Theater Basel in der Spielzeit 2017/18. Theaterstücke u.a. „Wiegenlied für Baran“ (2013), „Die Verschwörerin“ (2018). Weiteres Hörspiel: „ANTE oder der Thunfisch“ (BR 2019).

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