Hörspiel nach Anna Seghers’ Erzählung

Der Ausflug der toten Mädchen

Die Obersekunda der Höheren Mädchenschule in Mainz 1918.
Anna Seghers - damals noch Netty Reiling - (Mitte, mit Brosche) und andere Schülerinnen während des ersten Weltkriegs. © Privat
Bearbeitung und Regie: Anna Panknin · 14.05.2022
„Ich wunderte mich zugleich, wieso man Lenis Gesicht gar keine Spur von den grimmigen Vorfällen anmerkte, die ihr Leben verdorben hatten, (…) und nicht der geringste Rest war darin, nicht die geringste Narbe von den Schlägen, die ihr die Gestapo bei der Verhaftung versetzt hatte, als sie sich weigerte, über ihren Mann auszusagen.“
Anna Seghers‘ 1943 entstandene Erzählung "Der Ausflug der toten Mädchen" gilt nicht nur als eines der Meisterwerke deutschsprachiger Literatur, sie ist auch das persönlichste Werk der Autorin, gewidmet ihrer im Ghetto getöteten Mutter und reich an autobiografischen Bezügen.
Die Erzählerin – wie Seghers im mexikanischen Exil und noch geschwächt von den schweren Folgen eines Autounfalls – erinnert sich in einer Art Schwebezustand zwischen Traum und Realität an einen fröhlichen Schulausflug aus dem Jahr 1912 und an die Geschicke der Klassenkameradinnen bis in den Zweiten Weltkrieg hinein. Sie ist dabei zugleich allwissende Beobachterin und als Schulmädchen Netty Teil der Handlung.
Dem heiteren Ausflugsgeschehen wird in einer kunstvoll verwobenen Gleichzeitigkeit von Bewusstseinsebenen, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft das Unheil der folgenden Jahrzehnte gegenübergestellt.
Anhand der unterschiedlichen Biografien von späteren Opfern, Täter- und Mitläuferinnen zeichnet Seghers exemplarisch ein Spiegelbild der deutschen Bevölkerung und widmet sich, wie schon in ihrem berühmten Roman "Das siebte Kreuz", dem Geheimnis des Widerstandes – der Frage, was Menschen dazu befähigt, in einem inhumanen Alltag ihre Menschlichkeit zu bewahren.
Bibiana Beglau bei den Hörspielaufnahmen im Studio
Bibiana Beglau bei den Hörspielaufnahmen im Studio© Deutschlandradio/Karl-Heinz Stevens
Porträt der Schriftstellerin Anna Seghers (1900-1983) im Jahr 1975
Anna Seghers (1900-1983) im Jahr 1975© picture alliance / akg-images

Ursendung
Der Ausflug der toten Mädchen
Von Anna Seghers
Bearbeitung und Regie: Anna Panknin

Mit: Bibiana Beglau
Sprachaufnahmen: Jean Szymczak
Klanggestaltung und Montage: Karl-Heinz-Stevens
Komposition: Peter Ehwald
Produktion: Deutschlandfunk/rbb 2022
Länge: ca. 60'

1900 als Netty Reiling in Mainz geboren, floh Anna Seghers als Jüdin und überzeugte Kommunistin 1933 über die Schweiz nach Frankreich und 1941 weiter nach Mexiko; ihre im Exil verfassten Romane "Das siebte Kreuz" und "Transit" bescherten ihr Weltruhm. 1947 kehrte sie nach Berlin zurück, um ein antifaschistisches Deutschland mit aufzubauen, und engagierte sich bis zu ihrem Tod 1983 vielfältig im literarischen Betrieb der DDR, unter anderem als Vorsitzende des Schriftstellerverbandes.

Anna Panknin, geboren 1976 in Berlin, Regisseurin, Autorin, lebt seit 1995 in Köln. Letzte Hörspielarbeit: „Genauso - bloß anders" von Antje Meichsner (Deutschlandfunk 2021).

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