Hörspiel des Monats Mai 2025

LÉLÉ

Ein mit Kordel zusammengebundener Stapel alter Briefe und Postkarten.
Zwei Menschen schreiben sich Briefe. Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, gegen das Klischee: Sie sitzt im Knast, er in Freiheit. © Ludica / Getty Images
Von Sathyan Ramesh |
Ein Mann schreibt einen Dankesbrief. Eine Frau antwortet. So beginnt es. "Lélé" ist der erfundene Briefwechsel zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein, und auch nicht leben könnten.
Das Hörspiel "LÉLÉ" wurde von der Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Monats Mai 2025 gewählt.
Begründung der Jury der Akademie der Darstellenden Künste:
Es gibt ihn noch, den Briefroman. Wir glaubten, wir hätten zu diesem Thema schon alles gesehen und gehört, und siehe, da kommt doch etwas Neues. Und zugleich etwas ganz Altes. In „Lélé“ schreiben sich beide Protagonisten tatsächlich Briefe. Und das wirkt nicht überholt oder antiquiert, sondern ganz natürlich. Denn einer der beiden sitzt im Knast. Der andere ist draußen. Es ist die Umkehrung des Klassikers „Frau verliebt sich in Kriminellen, der im Gefängnis sitzt“. Hier nimmt der Mann Kontakt zu einer weiblichen Inhaftierten auf. Aus purer Höflichkeit. Gerhard bedankt sich postalisch für ein besonders schönes Hundehalsband, das er auf einer Website erworben hat, die handgefertigte Waren von Häftlingen vertreibt. Helene, genannt Lélé, die das Halsband hergestellt hat, antwortet. Ebenfalls schriftlich. Daraus wird mehr. Ein Briefwechsel.
Besonders gelungen ist, wie hier etwas scheinbar Altmodisches mit einer neuen Perspektive kombiniert wird. Darüber hinaus schafft der Autor die Porträts zweier Individualisten. Jeder auf seine Art einsam. Matthias Habich spielt Gerhard, den ehemaligen Lehrer und Witwer, mit einer guten Portion Kauzigkeit und Selbstironie. Julia Jäger spricht samtig und lässt klar die Empfindsamkeit ahnen, die unter einer harten Schale liegt. Beide machen das großartig. Mit Humor, Melancholie und Sehnsucht wird die Annäherung zweier Figuren geschildert, die ihre Charaktere und Lebensgeschichten nach und nach entfalten. Ihre Begegnung führt - dem Autor sei Dank - nicht zu der erwarteten Liebesgeschichte sondern zu einer anderen überraschenden Konsequenz, die an dieser Stelle nicht verraten sein soll. Hier wird eine Geschichte erzählt. Einfach eine Geschichte von zwei Menschen. Die uns berührt hat. Davon brauchen wir mehr.
(Laila Stieler, Drehbuchautorin, Hörspielautorin, Dramaturgin und Filmproduzentin; Sebastian Krumbiegel, Musiker und Autor; Gastgebender Sender: MDR)

Hörspiel des Monats Mai 2025
LÉLÉ
Von Sathyan Ramesh
Regie: Leonhard Koppelmann
Mit: Julia Jäger und Matthias Habich
Ton & Technik: Alexander Nottny, Peter Harrsch
Redaktion: Arne Salasse
Produktion: hr 2024
Länge: 89‘07

Sathyan Ramesh, 1968 in Westberlin geboren, aufgewachsen in Köln. Arbeitet zunächst als freier Journalist und freier Lektor. Seit 1996 erfolgreich als Drehbuchautor ("Tatort", "Türkisch für Anfänger") und Regisseur tätig.

Empfehlungen