Schwerpunkt: Heißzeit

Vom Grashalm im Sturm

Die Autorin braucht drei Jahre, um sich dem Thema Klimakrise ernsthaft zuzuwenden - und  schöpft trotz negativer Faktenlage Hoffnung. Zu sehen: Wehende Grashalme mit blauem Himmel.
Die Autorin braucht drei Jahre, um sich dem Thema Klimakrise ernsthaft zuzuwenden - und schöpft trotz negativer Faktenlage Hoffnung. © EyeEm / Heiko Schmidt
Von Elisabeth Weilenmann · 12.11.2022
Und wieder ein Hitzesommer. Wieder die Warnungen vor den Folgen des Klimawandels. Wieder die Fragen: Stehen wir vor dem Abgrund? Finden wir noch einen Ausweg? Die Radiomacherin Elisabeth Weilenmann nähert sich dem heißen Thema auf ganz persönliche Art.
August 2018. Ich stehe in meinem Garten auf dem Land. Mein Vater hilft mir, ein Hochbeet zu bauen. Es ist trocken. Zu trocken. Eine Steppe. Es ist der Sommer, in dem man in Deutschland vereinzelt ausgetrocknete Flüsse zu Fuß durchqueren kann, der Sommer, in dem sich Greta Thunberg zum ersten Mal an einem Freitag auf die Straße setzt und der Sommer, in dem ich einem befreundeten Redakteur meine Sorgen klage. Er fragt mich, ob ich eine Radiosendung zum Thema Klimawandel machen wolle. Ich sage zu. Und beginne, mich einzulesen. Ich lese von zig Millionen Klimaflüchtlingen in naher Zukunft, ich lese von apokalyptischen Szenarien, ich lese von harten Fakten. Ich kann das Stück nicht machen. Ich bin wie gelähmt. Ich habe einen Sohn, er ist zwei Jahre alt. Das Thema hängt an mir wie ein Betonklotz, den ich nicht loswerden kann, obwohl er unsichtbar ist. Ich verleugne, gehe auf Demos, kaufe im Biosupermarkt, versuche mich in meiner Blase zurechtzufinden. Nur langsam tropfen einzelne Ereignisse der Realität in dieses Vakuum. Drei Jahre brauche ich, um mich dem Thema ernsthaft zuzuwenden, es zuzulassen, es wirklich wahrzunehmen. Und ich schöpfe trotz negativer Faktenlage Hoffnung.

Schwerpunkt: Heißzeit  
Vom Grashalm im Sturm
Klimakrise – eine persönliche Annäherung
Von Elisabeth Weilenmann
Regie: die Autorin
Mit: Alina Fritsch, Markus Meyer, Eva Mayer
Ton: Martin Leitner

Produktion: ORF 2022
Länge: 53'41

Elisabeth Weilenmann (ehemals Putz) wurde 1982 in Niederösterreich geboren, wuchs mit fünf Schwestern auf dem Land auf, ihr Vater hörte immer den Kultursender Radio Österreich 1. Was damals eher nervtötend als cool war, entwickelte sich im Laufe der Jahre zur Leidenschaft. Während des Studiums der Kommunikationswissenschaften in Wien begann Elisabeth Weilenmann Hörspiele und Radiofeatures zu schreiben und zu inszenieren. Sie arbeitet seit 13 Jahren für diverse deutschsprachige Sender und gewann zahlreiche Preise, darunter mehrfach das Hörspiel des Monats, den Hörspielpreis der Kritik und den Silver Radio Award für das Hörgame „Blowback“ (Deutschlandfunk Kultur 2015). Zuletzt wurde das Hörspiel „Höllenkinder“ (ORF 2018) von Gabriele Kögl, bei dem sie Regie führte, mit dem Prix Europa 2019 ausgezeichnet.

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