Vergewaltigung als Kriegsstrategie

Jede Nacht haben sie andere geholt

53:02 Minuten
Ein muslimisches Mädchen im Potocari Memorial Centre bei der Beerdigung von 175 neu identifizierten Opfern am 11.07.2014
Das Trauma bleibt: Noch viele Jahre nach Kriegsende wurden die Überreste von Opfern - weiblichen wie männlichen - des Bosnienkrieges identifiziert und bestattet. © dpa/picture-alliance/Fehiim Demir
Von Mechthild Müser · 28.02.2023
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In Bosnien wurden während des Krieges mindestens 25.000 muslimische Frauen systematisch vergewaltigt. Steckt eine Strategie hinter den Vergewaltigungen, selbst wenn es keine eindeutigen Befehle gibt?
In patriarchalen Gesellschaften gilt die sexualisierte Gewalt an Frauen auch als besondere Demütigung der Männer. Die Botschaft: Ihr seid nicht mal in der Lage, eure Frauen zu schützen! Bis heute wagen sich die betroffenen Frauen nicht in ihre Heimat zurück: Das Ziel der ethnischen Vertreibung wurde somit erreicht. Eine Versöhnung scheint fast unmöglich.
Weltweit benutzen Milizen- und Soldatengruppen die sexuelle Gewalt als zusätzliche Waffe. In Mali und im Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik und im Kongo. In Syrien vergewaltigen Regierungssoldaten und Geheimdienste genauso wie Teile der bewaffneten Opposition. Und ganz aktuell gibt es Meldungen von Vergewaltigungen in der Ukraine. Und davor und danach? Niemand kennt die Zahl der vergewaltigten Frauen im Zweiten Weltkrieg, im Vietnam-Krieg, in den 70er-Jahren in Bangladesch, in den 80er-Jahren in El Salvador. Im Bürgerkrieg in Ruanda wurde geschätzt eine Viertelmillion Frauen vergewaltigt, ebenso viele im Kongo.
„Nach Bosnien gab es Darfur und viele andere Orte (…) Es ist Teil jedes Krieges. Die Frage ist, was können wir als globale Gesellschaft tun, um das zu verhindern? Wie können wir Bewusstheit schaffen? Wie können wir Soldaten erziehen? Womit können wir beginnen, um es zu verhindern?“
Mirsad Tokaca, Leiter des Research and Documentation Center, Sarajewo
Das Feature wurde mit dem Juliane-Bartel-Medienpreis und dem n-ost-Reportagepreis ausgezeichnet.

Jede Nacht haben sie andere geholt
Vergewaltigung als Kriegsstrategie
Von Mechthild Müser
Regie: Uta Reitz
Mit: Helen Grass, Torben Kessler, Bernd Reheuser, Zeljka Preksavec, Sabrina Noack, Daniela Wutte, Thomas Lang, Claudia Urbschat-Mingues
Ton: Henning Schmitz

Produktion: WDR/DKultur/BR 2015
Länge: 52'56

Mechthild Müser, geboren 1950 in Hamm, ist Journalistin, Autorin von Features und Hörspielen und freie Redakteurin bei Bremen Zwei. 2013 erhielt sie den Feature-Preis Bremer Hörkino, 2015 den Juliane-Bartel-Medienpreis und den n-ost-Reportagepreis. Zuletzt für Deutschlandfunk Kultur: „Forever young. Zwei alte Schachteln auf der Suche nach der ewigen Jugend“ (Deutschlandfunk Kultur 2020).

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