Hörspiel von Milo Rau

Hate Radio

52:15 Minuten
HATE RADIO von Milo Rau
Szene im Theater Hebbel am Ufer Berlin © Imago
Von Milo Rau · 13.04.2023
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Worte können töten. Und haben es getan. Der Völkermord in Ruanda hatte einen „Soundtrack“: Auf einem populären Radiosender wurden coole Moderationen, Sportnachrichten und neue Hits verbunden mit Hasspropaganda.
Radio ist ein Begleitmedium, heißt es. Auch ein Begleitmedium beim Morden? Der Massenmord, der sich 1994 in Ruanda ereignete, hatte einen „Soundtrack“ – und der kam aus dem Radio. Wenn die Hörer beim Radiosender RTLM anriefen, wünschten sie sich Musik und denunzierten die Verstecke derjenigen, die als nächste zu Opfern des Genozids werden sollten. Der lässige Stil, der Groove und die Formate von RTLM sind die gleichen wie die von Radiostationen überall auf der Welt.
Das Hörspiel „Hate Radio“ versetzt RTLM und seine Mechanismen der Propaganda in die deutsche Radiowirklichkeit – mit den Radiomoderatoren Max von Malotki, Bianca Hauda und Uwe Wassermann. Denn man muss nur wenige Namen, Orte und Zeitbezüge weglassen, und das, was dieses Radio begleitete und auslöste, könnte überall auf der Welt geschehen sein oder noch geschehen.
„Hate Radio“ verdichtet O-Ton-Material, Interviews und Aufzeichnungen zu einer beispielhaften Radiostunde und wurde 2014 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Aus der Begründung der Jury: „Das Stück zeigt drastisch, zu welcher Manipulation Radio fähig sein kann – und hinterlässt die Frage, wie schnell ein solcher Zivilisationsbruch auch anderswo, auch hier möglich wäre“.
Fotos zeigen in Ruandas Hauptstadt Kigali Opfer des Genozids.
Fotos zeigen in Ruandas Hauptstadt Kigali Opfer des Genozids.© picture alliance / dpa / Dai Kurokawa

Schwerpunkt: 100 Jahre Radio
Hate Radio
Von Milo Rau
Bearbeitung und Regie: Milena Kipfmüller
Mit: Max von Malotki, Bianca Hauda, Uwe Wassermann, Ill-Young Kim, Edda Fischer, Hüseyin Michael Cirpici, Benny Hogenacker
Ton und Technik: Achim Fell und Jens-Peter Hamacher

Produktion: WDR/ORF 2013
Länge: 49'28

Der Schweizer Theatermacher Milo Rau im Oktober 2012 vor einer Lesung von "Breiviks Erklärung" in Weimar
Milo Rau, Theatermacher aus der Schweiz© dpa / Michael Reichel

Milo Rau, geboren 1977 in Bern, ist Regisseur, Autor, Intendant des NTGent (Belgien) und Kopf des Kollektivs „International Institute of Political Murder“ (IIPM). Seit 2002 war er maßgeblich an über 50 Theaterstücken, Filmen, Büchern und Aktionen beteiligt. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der 3sat-Preis, die Saarbrücker und die Münsteraner Poetik-Dozentur, der Peter-Weiss-Preis und der Gerty-Spies-Literaturpreis sowie der Europäische Theaterpreis für sein Lebenswerk. 2014 erhielt Rau für „Hate Radio“ den Hörspielpreis der Kriegsblinden.

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