Zwischen-Raum
Lob der Lücke
Von Ulrich Biermann und Veronika Bock
Regie: Susanne Krings
Es sprachen: Rebekka Madita Hundt und Volker Hengst
Ton und Technik: Gunther Rose, Caroline Thon, Jens Müller, Hendrik Manook, Lukas Fehling
Redaktion: Klaus Pilger
Produktion: Deutschlandfunk 2021
Zwischen-Raum
54:24 Minuten

Von Ulrich Biermann und Veronika Bock · 28.11.2021
Im März 2020 begann das Leben auf Distanz. Seitdem gilt es Abstand zu halten. Wir wissen um den Zweck der Distanz im Kampf gegen das Virus, klagen aber über fehlende Nähe. Der Abstand wird zur unliebsamen Regel, die manche lieber heute als morgen abschaffen möchten. Dabei ist der Abstand schon immer präsent gewesen, in der Natur, aber auch in der Kultur der Menschen. Und das ist äußerst sinnvoll.
Wir sind soziale Wesen, brauchen die Nähe, das Gruppenerlebnis, dennoch lehrt schon die Fahrschule: halber Tacho! Bei 100 Stundenkilometern Geschwindigkeit reichen 50 Meter Abstand so gerade, um gefahrlos zu bremsen. Darunter wird die Nähe potenziell schmerzhaft bis tödlich.
Nicht drängeln lernen wir im Kindesalter, auch weil die Distanz zwischen zwei Menschen abhängt vom Grad ihrer Intimität. Nur Vertraute mit besonderer Erlaubnis lassen wir näher als 60 Zentimeter an uns heran. Zu viel ungewünschte Nähe macht Stress, das wissen Anthropologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft. Minimale Distanzen entscheiden im Hip-Hop über Flow oder Flop.
Auch zugroßeNähezwischendenBuchstabenoderWortenstresst, oder verständlicher: Zu große Nähe zwischen Buchstaben oder Worten stresst, wir verstehen nichts, wenn der Abstand zu klein wird. Wir brauchen Distanz - schließlich sind wir soziale Wesen.