Veronika Bock und Ulrich Biermann im Dreierpack

    Die Geschichten sich selbst erzählen lassen

    Eine Frau und ein Mann sitzen gemeinsam an einem Tisch. Es ist das Autorenduo Veronika Bock und Ulrich Biermann
    Das Autorenduo Veronika Bock und Ulrich Biermann © Dieter Augustin
    01.03.2024
    Würde Chat GTP diesen Text über das Autorenduo Veronika Bock und Ulrich Biermann schreiben, die beiden hätten das Radio erfunden und sämtliche Radioformate bis heute entwickelt. Haben sie nicht. Sie sind nur fast 40 Jahre lang Teil der großen Radiogeschichte, waren manchmal ihrer Zeit voraus, was besser klingt, als dass es lohnend gewesen wäre.
    Von 30 Sekunden Collagen bis 300 Minuten Livereportagen, im Radio-Berufsleben von Veronika Bock und Ulrich Biermann gibt es keine Form, der sie sich nicht gewidmet und die sie nicht genutzt hätten. O-Töne, schöne Stimmen, überraschende Brüche, Musik, Geräusche. Immer geht es ihnen darum, eine Geschichte so zu erzählen, dass sie Neugier weckt, fesselt, die Hörenden mitnimmt und zu eigenen Gedanken und Assoziationen anregt.
    1985 haben sich Veronika Bock und Ulrich Biermann kennengelernt, beim Kabelpilotprojekt von ARD und ZDF in Dortmund. Ein vornehmlich junges Team probierte dort im Lokalen aus, was heute gang und gäbe ist: die gleichzeitige Arbeit für verschiedene Medien, damals noch Radio, Fernsehen - und Teletext! Und auch inhaltlich wollte man sich von den etablierten Programmen unterscheiden: Kreativität war ausdrücklich gewünscht, neue Sendeformen und Formate wurden mit einem jungen und vor allem freien Team ausprobiert und weiterentwickelt, das manchmal tatsächlich glaubte, das Radio neu erfunden zu haben, bei all den Freiheiten, die sie hatten.
    „Serengeti, ein Platz für wilde Themen“, hieß die erste Radiosendung, die sie zusammen mit drei Kolleginnen und Kollegen gestalteten, den Titel wählten sie dabei mit Bedacht, nicht nur um ein breites inhaltliches Spektrum in allen erdenklichen Formen umzusetzen, sondern auch um einem möglichen Aus des Experimentes mit dem Slogan „Serengeti darf nicht sterben“ entgegentreten zu können. Schon damals waren es vor allem die Alltagskultur, die Populärkultur, soziale und gesellschaftspolitische Themen, die sie interessierten. Was erzählen Dinge und Orte über uns Menschen, die Gesellschaft. Was erzählt der Stöckelschuh über das Verhältnis der Geschlechter, welche Welten liegen in Kellern verborgen, welche Horizonte öffnen sich beim näheren Betrachten und Befragen einer „Nur-so-da“ Brücke?
    In den 1990ern haben sich Bock und Biermann ausgiebig mit den Deutschen und deren Alltag beschäftigt, ihren Eigenheiten und Befindlichkeiten, Vorlieben und Abneigungen, ihrem Verhältnis zu Nation, Auto, Essen. Und lange bevor Achtsamkeit und Work-Life Balance zu unliebsamen Buzzwords wurden, haben sie sich in großen Radioformaten mit der Geschichte der Muße auseinandergesetzt. Und dabei, was bis heute immer wieder ein tragendes Element ihrer journalistischen Arbeit ist, ihre Themen im Alltag und Erleben der Menschen angesiedelt, befragt, hinterfragt und vor allem zugehört. Sie lassen gerne die Geschichten sich selbst erzählen, ein Ich oder Wir findet man selten in ihren Arbeiten, kein Selbsterfahrungsjournalismus, keine Überhöhung der eigenen Perspektive zur Allgemeinanalyse.
    Die gemeinsame Arbeit ist nur ein Teil ihres Radio-Berufslebens, immer haben sie auch als Solisten Beiträge, Feature und Hörstücke realisiert, doch für beide ist die gemeinsame Arbeit immer ein Mehr: ein Mehr an Perspektiven, Gedanken, Herangehensweisen. Auch wenn seit Jahren eng befreundet, sind sie sich gegenseitig die schärfsten Kritiker, kein Manuskript geht raus, dass sie nicht beide bis zum Schluss durchgearbeitet und auch akustisch durchgebaut haben.
    „Einblicke in die Welt der beglückenden Geschmacklosigkeiten“ gibt das Feature „Kitsch“ von 2009, im DLF-Programm zu hören am 3. März 2024. „Solange Sie können vorwärtz und abwärtz“ lautet ihr Stück über die “ Bedienungsanleitung“ von 2010 (10. März 2024) und im „Zwischen-Raum“ von 2021 ist Platz für das „Lob der Lücke“, gesendet am 17. März 2024.
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