Hörspiel: Schöner Scheitern

Ich als Großprojekt

Eine Gruppe Männer in blauen Hemden und mit gelben Baustellenhelmen auf dem Kopf, gehen eine gelbe Metalltreppe hinauf. Rückansicht. Vor ihnen (Bildhintergrund): strahlend blauer Himmel.
Was haben wir gemeinsam mit dysfunktionalen Großbaustellen? © Unsplash / Sol
Von Till Müller-Klug · 05.01.2023
• Satire • Was dürfen Großprojekte wie der Berliner Flughafen, was der einzelne Mensch nicht darf? In aller Öffentlichkeit scheitern und trotzdem das eigene Ding durchziehen! Satirisches Hörspiel über existentielle Krisen.
Der Berliner Großflughafen. Die Elbphilharmonie. Das Stadtschloss. Großprojekte stecken immer wieder in handfesten Krisen. Till Müller-Klug schlägt in seinem satirischen Hörspiel den Bogen von der psychischen Selbsthilfegruppe zum planerischen Größenwahn. Fehlplanungen, Korruption, Baustoffmängel, Bürgerproteste – immer wieder treten neue Probleme auf. Sind sie vielleicht nur die Symptome einer ursächlichen Fehlentwicklung: einer Art Psychose, die Projekte dieser Größenordnung regiert? Eine Selbsthilfe-Gruppe nimmt die Vorlage wörtlich und stellt fest, dass die Großbaustelle als Therapieform ganz neue Möglichkeiten bietet: Das Ich als Großprojekt darf in aller Öffentlichkeit scheitern. Was für die öffentliche Hand ein Desaster ist, wird für das gestresste moderne Subjekt zur Entlastung: Wir alle sind dysfunktionale Baustellen. Wird man bald nicht mehr vom Ödipus-Komplex sprechen, sondern von Elbphilharmonie-Hysterie oder Stadtschloss-Depression?

„Ich als Großprojekt“ war Hörspiel des Monats März 2015

Ich als Großprojekt
Von Till Müller-Klug
Regie: Thomas Wolfertz
Mit: Helene Grass, Stephan Grossmann, Winnie Böwe, Wilfried Hochholdinger, Fabian Gerhardt, Arved Birnbaum, Marietta Bürger, Gregor Höppner u.v.a.
Ton und Technik: Benno Müller vom Hofe und Barbara Göbel
Produktion: WDR 2015
Länge: 54'02

Till Müller-Klug, geboren 1967, Autor mit Wurzeln in der internationalen Spoken-Word-Szene, promovierte über Nietzsches Theaterprojektionen. Seit 2002 schreibt und realisiert er Hörspiele wie „Phantomarbeit“ (DKultur 2003) und „Europa, eine Plagiate-Saga“ (WDR, Hörspiel des Monats Februar 2012) sowie Theaterstücke und -projekte, u.a. an den Berliner Sophiensaelen oder für das Schauspiel Leipzig. 2012 wurde er mit dem Kurd-Laßwitz-Preis ausgezeichnet. Er ist Gründungsmitglied der Performancegruppe Interrobang.

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