Zwischen Rausch und Wortrausch

Von Werner Köhne |
"Damit es Kunst gibt, damit es irgendein ästhetisches Tun und Schauen gibt", so schreibt Friedrich Nietzsche in der "Geburt der Tragödie", "dazu ist eine physiologische Vorbedingung unumgänglich: der Rausch. Der Rausch muss erst die Erregbarkeit der ganzen Maschine gesteigert haben, eher kommt es zu keiner Kunst." Doch es bedarf, so Nietzsche weiter, einer strengen apollinischen Disziplin, um den dionysischen Taumel individuell zu formen. Erst aus dem Zusammenspiel beider Prinzipien
wird ein Kunstwerk entstehen.

Nietzsches Überlegungen enthalten bereits die wesentlichen Elemente einer modernen Wortrauschkunst, wie sie vor allem für die Schriftsteller der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts von Bedeutung war. In den fiebrigen Gedichten eines Georg Trakl, den "Betäubungsgedichten" eines Gottfried Benn oder in den Traumwelten der Surrealisten deutet sich eine Sehnsucht nach der "Entregelung der Sinne" (Rimbaud) an, die noch die Popkultur der 60er Jahre bestimmte.

Produktion: Deutschlandfunk 2008