Ursendung | documenta 14: Every Time A Ear di Soun

Such Sweet Thunder

Bunte große Blockbuchstaben auf farbenfrohem Hintegrund: "Every Time A Ear di Soun" - Klangkunstreihe von documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur
Radiokunstreihe von documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur © Laurenz Brunner
Von Samson Young · 12.05.2017
Das Klangspektrum von Glocken definiert Hoheitsgebiete und trennt die eine Gemeinschaft von der anderen entlang kultureller, religiöser oder ideologischer Bruchlinien. Glocken verbinden auch Menschen.
Wenn sie mit großer Sorgfalt gestimmt werden, ist ihre Tonreinheit und Klangfülle Anlass für gemeinsamen Stolz. Umgekehrt hat der Raub von Glocken – meist im Zuge kriegerischer Handlungen – die erbittertsten Feindschaften nach sich gezogen. 2015 unternahm der Komponist und Künstler Samson Young eine Reise um die Welt, um historische Glocken aufzusuchen und aufzunehmen, die Vorstellungen politischer, rassischer, ideologischer, religiöser und zwischenmenschlicher Gegensätze konkretisiert haben. Darunter sind Warnglocken für die Sklavenhändler von Mombasa, Kenia; eine von den Nazis im polnischen Bydgoszcz konfiszierte Glocke, die nach dem Krieg auf langen Umwegen zurück in die Stadt fand; die große Pfauenuhr in der St. Petersburger Eremitage, eine Liebesgabe des Grafen Potemkin für Katharina die Große; sowie eine "zum Schweigen gebrachte" Kirchenglocke aus Spanien, die als Lüster nunmehr stumm von der Decke der Al-Qarawiyyin-Moschee in Fez, Marokko, hängt. Such Sweet Thunder ist eine einstündige Komposition, die diese Glockenklänge zu einem dichten Teppich widerstreitender Obertöne und Dissonanzen verwebt.

Radiokunstreihe von documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur
Kuratoren: Bonaventure Soh Bejeng Ndikung und Marcus Gammel
Produktion: documenta 14/Deutschlandfunk Kultur 2017
Länge: ca. 56'32

(Ursendung)

Samson Young studierte Komposition und lebt als Künstler und Komponist in Hong Kong.
Seine Arbeiten befassen sich mit den Themenkomplexen Identität, Krieg und Literatur.
"Every Time A Ear di Soun" ist eine gemeinsame Radiokunst-Ausstellung von documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur. Sie zeigt 30 neue Hörstücke von internationalen Künstler*innen.
Diese Klänge werden von acht Rundfunksendern auf der ganzen Welt ausgestrahlt - und sie erscheinen im Klangkunstprogramm von Deutschlandfunk Kultur während des documenta-Zeitraums vom 8. April bis 17. September.
Der Titel der Ausstellung ist einem Song des jamaikanischen Dub-Poeten Mutabaruka entlehnt. Er bedeutet "Immer wenn ich den Klang höre".