Parabel auf Kunst und Verbrechen

Gott flaniert

Der Hörspielregisseur Klaus Buhlert.
Der Regisseur Klaus Buhlert © imago stock&people
Von Lothar Trolle · 22.12.2020
Das Hörstück ist eine Collage von Szenen, die antike Mythen direkt mit der Gegenwart der Großstadt konfrontiert. Hermes ist Zeitgenosse, kultivierter Unhold, er schlachtet Frauen ab, bestiehlt arglose Reisende und berauscht sich an den Wundern der Metrik, am Blankvers und Hexameter, an Hölderlin, Kleist und Klopstock.
Hauptfigur in Lothar Trolles abgründigem Hörspiel "Gott flaniert" ist Götterbote Hermes. Nach mythischer Überlieferung schützt Hermes die Diebe und Lügner, nebenbei hat er ein intimes Verhältnis zu den Musen. Trolle lässt seinen Hermes durch eine zeitgenössische Landschaft flanieren. Er stiehlt, vergewaltigt und mordet. Doch während dieser Untaten ist er im Kopf pausenlos mit den Feinheiten der deutschen Verskunst beschäftigt: mit Klopstocks Alexandrinern, Lessings Blankversen, Goethes freien Rhythmen.
Regisseur Klaus Buhlert hat die schwarze Parabel auf Kunst und Verbrechen wie ein Stück Popmusik in Szene gesetzt. Ein Schock für den Kopf, ein Genuss für die Ohren.

Gott flaniert
Von Lothar Trolle
Regie und Komposition: Klaus Buhlert
Mit Thomas Holtzmann, Corinna Harfouch, Guntram Brattia, Irm Hermann, Lothar Trolle
Produktion: Deutschlandfunk/Schweizer Radio DRS 1997