Minotaurus. Eine Ballade

von Friedrich Dürrenmatt |
Friedrich Dürrenmatt hat den Minotaurus (Gestalt aus der griechischen Mythologie mit menschlichem Körper und Stierkopf) in seiner gleichnamigen Ballade neu interpretiert: Vom menschenfressenden Ungeheuer wird er hier zum Opfer undurchschaubarer Umstände und zum Sinnbild gegenwärtiger Orientierungslosigkeit.
"Das Wesen, das die Tochter des Sonnengottes, Pasiphae, geboren hatte, nachdem sie auf ihren Wunsch hin eingeschlossen in eine künstliche Kuh von einem dem Poseidon geweihten weißen Stier bestiegen worden war, fand sich, von den Knechten des Minos hineingeschleppt, nach langen Jahren des wirren Schlafs, auf dem Boden des Labyrinths vor, das von Daidalos erbaut worden war, um die Menschen vor dem Wesen und das Wesen vor den Menschen zu schützen, einer Anlage, aus der keiner, der sie betreten hatte, wieder herausfand und deren unzählige in sich verschachtelte Wände aus Glas waren, so dass das Wesen nicht nur seinem Spiegelbild gegenüberkauerte, sondern auch den Spiegelbildern seiner Spiegelbilder."

Hörspielbearbeitung und Regie:
Beate Andres
Mit: Bernhard Schütz
Komposition: Zeitblom
Ton: Lutz Pahl
Produktion: DKultur 2004
Länge: 48’34

Friedrich Dürrenmatt (5.1.1921-14.12.1990), Schweizer Erzähler und Dramatiker (Der Besuch der alten Dame 1956, Die Physiker 1962). Zahlreiche Ehrungen, z.B. Georg-Büchner-Preis 1986. "Minotaurus" entstand 1985.
Das Hörspiel "Minotaurus" erhielt den Prix Maruliæ 2005.