Millionäre und Milizen

Von Achim Nuhr · 27.12.2011
Der Wiederaufbau des in Krieg und Bürgerkrieg zerstörten Beirut dauert bis heute an: Im alten Stadtzentrum, früher Treffpunkt aller Schichten und Kulturen, entsteht eine riesige, artifizielle Luxuszone.
Das "größte Stadtsanierungsprojekt der Welt" besteht vor allem aus Plattenbauten, die die alte, mediterrane Fassadenkultur nur äußerlich imitieren und damit nur sehr oberflächliche Erinnerungen an die Vergangenheit zulassen.

Der luxussanierte Kern wird nur durch eine Ringstraße vom Rest der Stadt getrennt: Auf der anderen Straßenseite stehen immer noch Hausruinen.

Weiter stadtauswärts stößt man bald auf erste Flüchtlingslager.

"Das Feature" analysiert den Wiederaufbau der dualen Stadt als tollkühnes Gaunerstück: Die gesamte Innenstadt wurde enteignet, einer Aktiengesellschaft zugeschlagen und dann Aktienpakete an die Politiker verteilt, die den ganzen Deal eingefädelt hatten - allen voran an den Hariri-Clan, der die längste Zeit die Regierungschefs stellte.

Der Autor erkundet markante Viertel und zeichnet dabei das Bild einer Gangsterstadt, in der Sushibars an bewohnte Kriegsruinen grenzen und Milizionäre am liebsten halb nackte Models beim Fotoshooting bewachen.


DLF/WDR 2011