Kulturelles Feature

Von der Dummheit

Von Tillmann Bendikowski |
Gegen Dummheit kämpfen selbst Götter vergebens. Das mag daran liegen, dass Dummheit kaum zu fassen ist: Was sie genau ist und welche Folgen sie hat - darüber haben sich kluge Leute den Kopf zerbrochen. Ohne großen Erfolg, weil es nämlich "die Dummheit" nicht gibt.
Sie entsteht vielmehr immer wieder neu, und zwar in dem Moment, in dem jemand einen anderen der Dummheit bezichtigt. Dann wird jeweils erkennbar, worauf der Vorwurf zielt und was er bezweckt. Zumeist geht es um Diffamierung und Ausgrenzung, zuweilen um Enthumanisierung.

Dummheitsvorwürfe sind keineswegs nur privater Natur: Im 19. und 20. Jahrhundert lassen sich beispielsweise Versuche erkennen, den Dummheitsvorwurf in politischen Auseinandersetzungen zu platzieren, ihn zur gesellschaftlichen Diffamierung der Frau einzusetzen oder als Mittel der Pathologisierung zu nutzen - ein Weg, der über die Eugenik bis in die Euthanasie führte.

Wenngleich die kommunikative Ausgrenzung sehr oft misslingt, kann der Vorwurf doch unter bestimmten Bedingungen nicht nur mit dem sozialen Tod des Verdächtigten enden. Dummheitsvorwürfe bleiben für die Betroffenen eine stete Gefahr. Bis heute.