Um aufs Neue der Verführung zu verfallen
"Wäre ich Schriftsteller und tot", schrieb Roland Barthes, "wie sehr würde ich mich freuen, wenn mein Leben sich dank eines freundlichen und unbekümmerten Biographen auf ein paar Details, einige Vorlieben und Neigungen, sagen wir ‚Biographeme‘, reduzieren würde, deren Besonderheit und Mobilität ausserhalb jeden Schicksals stünden und wie die epikureischen Atome irgendeinen zukünftigen und der gleichen Auflösung bestimmten Körper berühren, ein durchlöchertes Leben, so wie Proust es in sein Werk einfliessen liess."
Christian Linder hat ihn beim Wort genommen und zeichnet sein Porträt. Barthes erarbeitete als Linguist, Strukturalist, Semiologe den Code, der uns begreifen lässt, "was die Gesellschaft in den Zeichen, die sie aussendet, über sich selbst mitteilt" - z.B. in den Mythen des Alltags. Er hat dann den wissenschaftlichen Diskurs verlassen und ist ein Schriftsteller geworden, der sein Leben entblößt und seine "schwarze Kehrseite" beschrieben hat, "die Langeweile, die Verletzbarkeit, die Fähigkeit zu Verzweiflungen (zum Glück sind sie plural)", aber auch seine Lust, immer wieder aufs Neue der Verführung durch die Welt verfallen zu wollen.
Produktion: Deutschlandfunk 2005
Produktion: Deutschlandfunk 2005