Kulturelles Feature

Sag ihnen - ich lebe ich sterbe ich lebe

Von Doris Netenjakob |
Sie ist solidarisch, liebevoll, zärtlich. Sie ist immer spontan und unnachsichtig aufrichtig. Sie sagt: "Meine Freiheit ist, nicht zu lügen.” Eine Vielschreiberin ist sie nicht. Aber sie gehört dank ihrer Sprache, ihrer Intellektualität und Sinnlichkeit, ihrer Bilderwelt zur Spitze der Gegenwartsliteratur.
Faszinierend ihre autobiografische Prosa "Die Eisheiligen” über die Leiden einer Kriegs-Kindheit und das Sich-Behaupten gegen die Kälte der Adoptivmutter. Beeindruckend auch in "Vogel federlos” die Kraft ihres Denkens und Fühlens als Schülerin einer DDR-Eliteschule, die den Verheißungen des Sozialismus glauben möchte, die Widersprüche aber nicht einfach hinnehmen kann.

1935 in Berlin-Köpenick geboren, wächst Helga M. Novak bei Adoptiveltern auf, studiert Journalistik und Philosophie in Leipzig, heiratet einen Isländer, bekommt in Island zwei Kinder, arbeitet nebenbei in Fabriken, schreibt. 1965 kehrt sie in die DDR zurück. Sie wird ausgewiesen und es wird ihr die Staatsangehörigkeit aberkannt. Seit Jahren hat sie sich ganz aus dem Kulturbetrieb zurückgezogen. Sie wohnt einsam im Wald - in Polen. Manchmal möchte sie aufgeben, aber ihr rebellischer Charakter lässt das nicht zu. Die unbändige Neugier auf der Suche nach Wahrheit - auch in dem, was gegenwärtig in der Welt passiert, prägt ihre neuesten Gedichte.