Hörspiel: Duell um eine Wohnung

Der Kauf

Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Paar, das sich eine Wohnung gekauft hat, die manchmal wie eine Fessel wirkt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Paar, das sich eine Wohnung gekauft hat, die manchmal wie eine Fessel wirkt. © EyeEm / Westend61 / Rainer Berg
Von Paul Plamper · 27.06.2021
Kann man Glück bauen? Besitzen wir das Eigentum oder besitzt das Eigentum uns? Mitten im Schlachtfeld der Gentrifizierung kämpfen zwei Paare um die 40 um eine Wohnung.
Wenn man im Jahr 2030 über die vielen missglückten Bauprojekte der 10er Jahre diskutiert, dann wird dieses Viertel – das sich in jeder deutschen Großstadt befinden könnte – immer als Gegenbeispiel gehandelt werden: keine Gentrifizierung, keine Bausünden. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Paar Mitte 40: Damals ist es in das alternativ angehauchte Bauprojekt eingestiegen und hat sich eine Wohnung im schönsten Haus des Viertels gekauft. Mittlerweile ist es aber an einem Punkt, wo der an den Besitz geknüpfte Lebensentwurf manchmal wie eine Fessel wirkt. In dieser Situation taucht ein anderes Paar auf, ebenfalls Mitte 40 und wohlhabend. Sie haben sich in die Wohnung vernarrt und wollen sie kaufen. Sie schleichen sich zunächst in die Lebensbereiche des Paares und okkupieren die nächste Umgebung. Als wären sie ein Ersatzpaar, das freundlich lauernd bereit steht, die Wohnung – und fast auch das Leben darin – zu übernehmen. Die Besitzer lehnen das Angebot zuerst reflexartig ab, weil ihnen die eigene Idylle wieder wertvoller erscheint, wenn sie von anderen begehrt wird. Dann geraten sie ins Wanken. Geld und die Tatsache, dass Dinge käuflich sind, scheinen allen immer irrationalere Handlungen abzuverlangen. Der Kauf wird zu einer höheren Macht, die wie ein Magnetfeld vier Menschen in ihren Strudel zieht und wieder ausspuckt.
Begründung der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für die Auszeichnung als Hörspiel des Monats Mai 2013:
"Das Hörspiel ‚Der Kauf’ ist eine in jeder Hinsicht herausragende funkdramatische Produktion. Sie überzeugt sowohl inhaltlich als auch durch die großartigen Leistungen der gesamten, exquisit besetzten Darsteller-Riege (u.a. mit Margarita Broich, Sandra Hüller und Peter Kurth), aus der Milan Peschel noch herausragt. Hinzu kommt die faszinierende technische Umsetzung für das Radio.
Erzählt wird in einer spannenden Rückblende-Dramaturgie die fiktive, gleichwohl atemberaubend authentisch wirkende Geschichte zweier Paare in den besten Jahren, die einen erbarmungslosen Kampf gegeneinander – und um eine Immobilie führen. Dabei werden die gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen Schicht für Schicht bloßgelegt, Neid, Hass und Selbstwertdefizite treten immer schärfer hervor. In einem überzeugenden, hoch spannenden Handlungsstrom zeigt sich, wie viel Unheil und Verzweiflung, wie viel Scheinheiligkeit zur Lebenswirklichkeit von Menschen gehören kann, die zu den Leistungsträgern und Meinungsführern der Gesellschaft gezählt werden. Ein Hörspiel, das gerade in seiner überzeugenden Illusionslosigkeit eben auch für die große, einzige Hoffnung auf das Humane steht."

Schwerpunkt: Wie wir wohnen
Der Kauf
Von Paul Plamper
Regie: der Autor
Mit: Milan Peschel, Cristin König, Sandra Hüller, Jan Henrik Stahlberg, Margarita Broich, Peter Kurth, Judith Engel, Jennifer Frank u.a.
Komposition: Plexiq, The Zabots, Teun Leemreijze
Ton: Lars Deutrich, Tilman Meckel, Roman Vehlken, Paul Plamper, Fabian Kühlein
Produktion: WDR/BR/Deutschlandfunk/Schauspiel Köln 2013
Länge: 68'59

Paul Plamper, 1972 in Ulm geboren, ist Autor, Hörspielmacher und Klangkünstler. Am Theater inszenierte er u.a. am Berliner Ensemble und am Stadttheater Istanbul. Seit 1999 schreibt und produziert er Hörspiele, überwiegend für den WDR. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Preise, u.a. den Prix Europa für "Top Hit leicht gemacht" (2002) und "Tacet" (2011), den Hörspielpreis der Kriegsblinden für "Ruhe 1" (2009) und den Robert Geisendörfer Preis für "Der Assistent" (2010).
Deutscher Hörbuchpreis 2018. Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises in verschiedenen Kategorien im WDR-Funkhaus am Wallrafplatz zu Köln. Im Bild der Regisseur und Autor für Theater und Hörspiel Paul Plamper. Er erhält den Preis für bestes Hörspiel ( Dienstbare Geister ). Köln Nordrhein-Westfalen Deutschland *** German Audiobook Award 2018 Awarding of the German Audiobook Award in various categories at the WDR Funkhaus am Wallrafplatz in Cologne In the picture the director and author of theater and radio play Paul Plamper He receives the award for best radio drama Serving Ghosts Cologne North Rhine Westphalia Germany
.© imago stock&people
Plamper arbeitet außerdem an den Schnittstellen zwischen Hörspiel, bildender Kunst und Theater. Er entwickelt Arbeiten im Stadtraum, wie "Das Akustische Kleist Denkmal" am Kleinen Wannsee, sowie Audioinstallationen, u.a. gezeigt im Museum Ludwig Köln, ZKM Karlsruhe, in den Kammerspielen und dem Residenztheater München. Zuletzt: "Future Dealers" im Museumsquartier Wien, "Dienstbare Geister" auf der Ruhrtriennale und "Der Absprung" am Residenzschloss Altenburg, ZKM u.v.a.
Das Hörspiel "Der Kauf" erhielt 2012 den Deutschen Hörspielpreis der ARD und wurde 2013 als das Hörspiel des Monats Mai sowie als Hörbuch des Jahres der hr2-Hörbuchbestenliste ausgezeichnet. 2021 erhielt er den Günter-Eich Preis, der das Lebenswerk von Autorinnen und Autoren würdigt, "die mit Radioarbeiten das Repertoire der Gattung Hörspiel vielgesichtig und stetig erweitert haben".