Hörspiel des Jahres 2020

türken, feuer

Demonstranten tragen am 29. Mai 1993 vor dem ausgebrannten Haus in Solingen türkische Fahnen.
Demonstranten tragen am 29. Mai 1993 vor dem ausgebrannten Haus in Solingen türkische Fahnen. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Von Özlem Özgül Dündar |
Perspektiven eines Anschlags: 1993 sterben in Solingen fünf Menschen türkischer Abstammung bei einem Brandanschlag. Wir hören Opfer und die Mutter des Verdächtigen in einem Hörspiel, das sein brisantes Thema künstlerisch herausragend verhandelt.
In der Nacht zum 29. Mai 1993 starben Gürsün İnce (27), Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (11) und Saime Genç (4) bei einem rassistischen Brandanschlag. 14 weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen.
Gürsün İnce opferte sich für ihre dreijährige Tochter, als sie mit ihr aus dem Fenster sprang. Das Hörspiel gibt ihr und drei weiteren Frauen eine Stimme: einer Überlebenden, einer weiteren Toten und der Mutter eines mutmaßlichen Täters. In Gedanken kreisen sie alle um die Katastrophe. Die Frauen bleiben in ihrem Erleben gefangen und suchen trotzdem nach Begegnung und der Möglichkeit eines Gesprächs über das Leben mit dem Schmerz.

türken, feuer
Von Özlem Özgül Dündar
Regie: Claudia Johanna Leist
Mit: Lilay Huser, Marina Galic, Johanna Gastdorf, Ansgar Sauren, Kathleen Morgeneyer, Francesco Schramm, Tula Rilinger
Komposition: Schneider TM
Ton: Rike Wiebelitz, Sebastian Nohl
Produktion: WDR 2020
Länge: 53'28

Özlem Özgül Dündar, geboren 1983 in Solingen, Schriftstellerin, Übersetzerin. Sie studierte Literatur und Philosophie in Wuppertal und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2018 erhielt sie den Kelag-Preis in Klagenfurt und das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium. "Guter Rat – Dokumentarische Serie um die Entstehung des Grundgesetzes", Folge 7 und 8 (WDR 2019), wurde als Hörspiel des Monats Mai 2019 ausgezeichnet. 2021 war sie Stipendiatin der Casa Baldi.
"türken, feuer" wurde von der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Monats April 2020 und schließlich auch zum Hörspiel des Jahres 2020 gewählt.