Helmut-Heißenbüttel-Homestory

Von Elke Heinemann · 02.08.2013
Das grünweiße Fachwerkhaus, das ist es: Verwinkelt, schwer einsehbar, vom Alter gebeugt steht es neben der Kirche in Borsfleth, einem kleinen Dorf bei Glückstadt in Schleswig-Holstein. Es war der Alterssitz eines literarischen Avantgardisten: Helmut Heißenbüttel (1921 - 1996), Mitglied der Gruppe 47, Leiter der Abteilung "Radio Essay" beim Süddeutschen Rundfunk, formulierte in Lyrik und Prosa, Hörspiel und Radio-Feature so radikal wie brillant Kunst, Sprach- und Gesellschaftskritik.
Seine Hörfunkarbeit wird als Höhepunkt des Kulturradios geschätzt, seine lyrischen "Kombinationen", "Topographien" und "Textbücher" brachten einen neuen Ton in die bundesrepublikanische Dichtung der 60er-Jahre.

Das Haus ist ein Zimmerlabyrinth, angefüllt mit chronologisch geordneten Büchern, Bauhaus-Mobiliar, einer beeindruckenden Jazz-Sammlung. Auch neue Musik und Musik vor dem Barock hat Heißenbüttel gesammelt sowie Gemälde von Henri Michaux, Armin Sandig, JiÞí KoláÞ.

Das Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk im Geiste seines einstigen Bewohners. Seine Witwe, Ida Heißenbüttel, ist am 7. Juni im Alter von 91 Jahren gestorben. Wenige Monate vor ihrem Tod hat sie noch einmal durch das Haus geführt. Und durch das Radio-Projekt.

Regie: Martin Zylka
NDR/DLF/WDR 2013