Grozny

Von Gisela Erbslöh · 14.06.2013
"Grozny ist die Mitte der Welt" steht in großen Lettern auf einem großen blauen Globus im Zentrum der tschetschenischen Hauptstadt geschrieben. 2011 hat Ramsan Kadyrow, das Oberhaupt der Föderationsrepublik, den Wiederaufbau der im letzten Krieg völlig zerstörten Stadt für abgeschlossen erklärt.
Es ist ein funkelndes, offenbar reiches Grozny geworden. Und die Einwohner loben ihre Paradestraßen und herrschaftlichen Fassaden mit lauter Stimme, und ebenso den, der ihnen diese "europäische Stadt", wie sie sagen, geschenkt hat.

Leise und vorsichtig aber wird anderes erzählt: von Zwangsabgaben und Überwachung, von unbarmherziger Verfolgung derer, die sich wehren, und vor allem vom Druck auf die Frauen, die sich einer immer strengeren Kontrolle fügen müssen, zu der nicht nur die Kleiderordnung gehört.

So ergibt sich der Zwiespalt einer Gesellschaft, die krampfhaft versucht, die Schrecken der Kriege zu vergessen und dabei verliert, was gerade gewonnen schien: die Freiheit, das eigene Leben selbst zu bestimmen.


DLF 2013