Arbeiten am Archiv

Seit 20 Jahren verpackt die Künstlerin Tanya Ury jeden Tag die Haare, die ihr ausfallen, in ein Plastiktütchen, versehen mit dem Datum: Ein Archiv unscheinbarer Spuren gelebten Lebens und zugleich ein tägliches Totengedenken. "Wir wissen, dass die Nazis das geschorene Haar weiblicher KZ-Insassen sammelten, um damit Matratzen zu stopfen."
Etliche Angehörige Tanya Urys sind im Dritten Reich ermordet worden. Tanya Ury ist 1951 in London geboren und lebt seit über zwei Jahrzehnten in Köln, woher ein großer Teil ihrer Familie, darunter namhafte deutsch-jüdische Autoren, stammt. 1999 hat sie das Familienarchiv dem Historischen Archiv der Stadt Köln zur Aufbewahrung gegeben. 2009 ist es mit dem Einsturz des Gebäudes untergegangen. Für Tanya Ury eine Aufforderung, sich künstlerisch umso mehr mit dem Themenkomplex "Archiv" auseinanderzusetzen. "Eine Art Ersatzgeschichte" nennt sie das, gewidmet all denen, deren Leben und lebensgeschichtliche Zeugnisse durch den Holocaust vernichtet wurden.
Produktion: DLF 2015