Die Freiheit stirbt zeilenweise

Von Joachim Büthe · 12.10.2012
Walter Boehlich, geboren 1921 in Breslau, war in erster Linie Kritiker, zu Beginn ein scharfsinniger und präziser, daher auch gefürchteter Literaturkritiker. In dieser Eigenschaft holte ihn Peter Suhrkamp in seinen noch kleinen Verlag. Solche Kritiker hat man besser im eigenen Hause.
Später wurde er auch zum wortgewandten und unnachsichtigen Kritiker der bundesrepublikanischen Verhältnisse, denn Kritik ist für eine funktionierende Demokratie unerlässlich. In seiner Person spiegelt sich auch das Programm des Verlags, zu dessen Aufstieg er maßgeblich beigetragen hat. 1968 wurde ihm - nicht zuletzt von seinem eigenen Verleger - unterstellt, er habe den Tod der Literatur verkündet.

Die Zeit bei Suhrkamp war beendet. Danach arbeitete er frei als Kritiker, Lektor, preisgekrönter literarischer Übersetzer, politischer Publizist mit eigener Kolumne und nicht zuletzt als Rundfunkautor. Die meisten Sendeplätze, auf denen er gewirkt hat, sind inzwischen verschwunden, und in der offiziellen Geschichte seines Verlags ist er nur eine Fußnote. Es wird Zeit, an ihn zu erinnern.


Regie: Axel Pleuser
DLF 2012