Die befreite Republik

Von Helmut Böttiger · 12.10.2007
In den 60er Jahren formierte sich der Literaturbetrieb, wie wir ihn kennen. Entscheidend waren der Einfluss der Gruppe 47 und die Umtriebigkeit des Literaturprofessors, Literaturmanagers und Zeitschriftenherausgebers Walter Höllerer.
Während sich die Gruppe 47 zögerlich den Medien öffnete, war Höllerer der erste Literat, der sie für die Literatur zu nutzen versuchte. Richtungsweisend waren seine legendären öffentlichen Veranstaltungen in Westberlin. Er erfand die Literatur als Event und konfrontierte das Publikum erstmals mit den Autoren der westlichen Moderne.

Lesungen mit Alain Robbe-Grillet oder John Dos Passos wurden live im Fernsehen übertragen und waren gleichzeitig gesellschaftliche Ereignisse. Höllerers Anthologie "Junge Amerikanische Lyrik" (1961) stellte zum ersten Mal die aktuelle Underground- und Beatliteratur aus den USA vor. Und mit seinem Lehrstuhl an der TU über "Literatur im technischen Zeitalter" unternahm Höllerer erste Ansätze zu einer Medientheorie, an die Jahrzehnte später Wissenschaftler wie Friedrich A. Kittler anknüpften.

Ein Feature über die Erfindung des modernen Literaturbetriebs und die Geburtsstunde des zeitgenössischen Schriftstellertypus'.

Produktion: Deutschlandfunk 2007