Der Geist der Caipirinha

Von Karl-Ludolf Hübener · 24.10.2010
Den fruchtig-grünen erfrischenden Cocktail kennt jeder: Caipirinha, Synonym für Fiesta und Tropen. Doch keine "Caipi" ohne Cachaça. Alles darf im Leben fehlen, erzählt ein populäres brasilianisches Karnevalslied, Reis, Bohnen und Brot, auch Butter und selbst Liebe, aber nicht die "verruchte Cachaça". Der Zuckerrohrschnaps ist Brasiliens Nationalgetränk.
Gebrannt wird Zuckerrohrsaft vor allem in Minas Gerais, einem Bundesstaat mit kolonialer Vergangenheit. Vor dreihundert Jahren lockten die "Allgemeinen Minen" mit einer Goldschwemme zahlreiche Glücksritter an. Schürfen mussten allerdings Sklaven aus Bahia. Mit ihnen kam auch der Zuckerrohrschnaps in das bergige Minas Gerais. Lange Zeit war er als Tröster der Schwarzen und Armen verrufen. Später galt es als patriotische Tat und Protest gegen die portugiesischen Kolonialherren, Cachaça zu trinken. Inzwischen stoßen auch bessere Kreise mit erlesenen, teuren Cachaça-Tropfen an oder lassen sich eine Caipirinha, mit frischem Maracuja-Saft gemixt, servieren. Über eine Milliarde Flaschen gehen alljährlich in den Verkauf. Unter den Importeuren ist Deutschland klarer Spitzenreiter. Cachaça wird industriell hergestellt oder "artesanal", handgemacht, destilliert. Sie wird in einer der unzähligen Schwarzbrennereien mit einer Autobatterie auf die Schnelle fermentiert. Oder im "Engenho Boa Vista", der ältesten Destille Brasiliens, auf althergebrachte Weise veredelt.