Der Brand in Moria und das Versagen Europas

Lesbos außer Kontrolle

53:34 Minuten
Griechenland, Moria: Migranten fliehen vor neu ausgebrochenen Feuern mit ihren Habseligkeiten aus dem Flüchtlingslager Moria, nachdem zuvor bereits mehrere Brände das Lager nahezu vollständig zerstört hatten. Vorangegangen waren Unruhen unter den Migranten, weil das Lager nach einem ersten Corona-Fall unter Quarantäne gestellt worden war.
Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos © dpa
Von Martin Gerner · 08.12.2020
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Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria kämpfen im neuen Lager Kara Tepe Tausende um ihre Rechte und ums Überleben. Gewalt entlädt sich zudem zwischen radikalen Inselbewohnern und humanitären Helfern. Dass ein neues Lager unter Ägide der EU die Lösung ist, glaubt niemand. Erneute Katastrophen sind jederzeit möglich.
Der Brand im Lager Moria und seine Folgen bündeln wie unter einem Brennglas sämtliche Spannungen auf der Insel: Flüchtlinge fürchten Populisten und Rechte. Rechte und Populisten fürchten die Islamisierung der Insel und greifen Migranten an. Populisten und Behörden attackieren Hilfsorganisation als Helfershelfer der Migranten. Aktivisten zwischen den Fronten sorgen sich um wiederkehrende Gewaltausbrüche zwischen beiden Seiten.
Die Anzahl von NGOs und freiwilligen Helfern auf Lesbos verstärkt dabei die vorhandenen Spannungen. Die Spuren vieler Hilfsgelder verlieren sich, Kontrollinstanzen versagen. Begleitet von kultureller und sprachlicher Verwirrung ist - wie die Protagonisten eindringlich erzählen - Lesbos zu einer Konfliktregion am Rande der EU geworden, die sich aus den anhaltenden Kriegen und Krisen in Nahost speist, mit der Türkei als Zünglein an der Waage.

Lesbos außer Kontrolle
Der Brand in Moria und das Versagen Europas
Von Martin Gerner

Regie: Matthias Kapohl
Es sprachen: Juan Carlos Lobo, Steffen Reuber, Jochen Langner, Sigrid Burkholder, Judith Jakob, Svenja Wasser und der Autor
Ton und Technik: Christoph Rieseberg, Hanna Steger und Wolfgang Rixius
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produktion: Deutschlandfunk/ORF 2020

Martin Gerner, Feature-Autor für Deutschlandfunk, ARD und ORF, verfolgt seit zwanzig Jahren Kriegs- und Krisengebiete und ihre Mechanismen. Seine Features und Beiträge zur Konfliktanalyse für Hörfunk, Print und Dokumentarfilm sind international vielfach ausgezeichnet. Er ist Fellow am Institut für Medien und Kommunikation Köln.