Das Feature

Die Judenkisten vom Kamerunkai

Jochanan Shelliem |
Vor der Deportation kam der Gerichtsvollzieher. Die reichsweite Aktion 3 der NSDAP war angelaufen. Da die Bestandsaufnahme und die Versteigerung jüdischen Eigentums zunächst Sache der beteiligten staatlichen Institutionen gewesen ist, wird erst jetzt mit Offenlegung der bisher gesperrten Akten der Finanzämter die massenhafte Beteiligung reichsdeutscher Bürger deutlich. Aus Zuschauern wurden Schnäppchenjäger.
In Hamburg thematisierte der Chef des Theaters der Speicherstadt, Michael Batz, die Versteigerungsgeschichte der "Judenkisten" vom Kamerunkai. In Frankfurt a. M. wurde im Dezember '99 die Ausstellung anlässlich des 200. Geburtstages von Moritz Daniel Oppenheim zum Exempel für Nachkriegshehlerei. Und der Düsseldorfer Hochschullehrer Wolfgang Dreßen wird seit 1998 von der Bürokratie immer wieder daran gehindert, die Akten dokumentarisch auszuwerten.

Man verdrängt offenbar das Wissen um den blutigen Hintergrund der "Judenauktionen" und tabuisiert noch immer die staatlich organisierte Verwertung jüdischen Eigentums im Dritten Reich.

Mit der amtlichen Öffnung der Finanzamtsarchive gerät dieser unerwünschte Tatbestand aber ans Licht.