Das Feature

Das zerbrochene Gedächtnis

Gaby Weber |
Psychiater und Richter kennen das Problem der "falschen Erinnerungen", vor allen Dingen dann, wenn etwas vor langer Zeit stattgefunden haben soll. Dabei kann vieles durcheinander geraten, Träume, Wünsche, Ängste. Kindheitserinnerungen können besonders trügerisch sein: Bei Kleinkindern ist der für die Langzeiterinnerung benötigte linke untere Stirnlappen noch gar nicht entwickelt; nur Erinnerungsfragmente werden gespeichert.
Was ist mit Erinnerungen an Terror, Folter, sexuelle Gewalt, Scheinerschießungen? Was passiert, wenn Babys im geheimen Lager geboren, der Mutter entrissen, den Tätern übergeben werden? Woran können, woran wollen sich die Opfer erinnern?

In fast allen südamerikanischen Ländern herrschten in den siebziger und achtziger Jahren Diktaturen. Es wurde gefoltert und gemordet. Die Täter gingen in den meisten Fällen straffrei aus oder wurden begnadigt. Und die Verbrechen im staatlichen Auftrag wurden nicht weiter untersucht. Die Leute, darunter die Opfer, wollten es so genau nicht mehr wissen. Nach vorn blicken, war die Devise.

Doch Verdrängung ist die schlechteste Methode, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten.