Schwarze Vögel

Hörspielbearbeitung: Andrea Czesienski · 15.09.2014
Island 1802: Bauer Bjarni Bjarnason verliert durch Krankheit zwei Söhne und muss die Hälfte seines Gehöfts an Jon verpachten. Der gut aussehende Bjarni ist mit der kranken Gudrun verheiratet, der Pächter Jon, ein Griesgram, mit der schönen Steinunn. Bjarni und Steinunn scheinen füreinander geschaffen zu sein.
Als Gudrun stirbt und Jon von den Klippen ins Meer stürzt, gibt es viele Gerüchte im Dorf. Das Paar muss sich einem Indizienprozess unter dem Vorsitz von Richter Scheving stellen.
Gunnar Gunnarsson hat die Gerichtsakten des authentischen Falls in Kopenhagen studiert.
Gunnar Gunnarsson hat die Gerichtsakten des authentischen Falls in Kopenhagen studiert.
Aus dem Dänischen von: Karl-Ludwig Wetzig
Komponist: Lutz Glandien
Regie: Judith Lorentz
Mit: Falk Rockstroh, Judith Engel, Anjorka Strechel, Ernst Jacobi, Jens Harzer, Devid Striesow u.a.
Ton: Martin Eichberg
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2013
Regie: Judith Lorentz
Mit: Falk Rockstroh, Judith Engel, Anjorka Strechel, Ernst Jacobi, Jens Harzer, Devid Striesow u.a.
Ton: Martin Eichberg
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2013
Länge: 56'21

Gunnar Gunnarsson, 1952 in Hamburg© picture-alliance / dpa / Blume
Gunnar Gunnarsson (1898-1975), isländischer Dichter. 1912 erschien sein Roman "Die Leute auf Borg", dem drei weitere Teile folgten. In den 1920er-und 1930er-Jahren wurden seine Bücher vor allem in Deutschland in hohen Auflagen gedruckt.
"Grandiose Beschreibungen"
Hörspielbearbeiterin Andrea Czesienski ging "Schwarze Vögel" nicht mehr aus dem Kopf
Hörspielbearbeiterin Andrea Czesienski ging "Schwarze Vögel" nicht mehr aus dem Kopf
Es war einer dieser Winter mit Bergen von schmutzigem Schnee, die die Berliner Straßen in eine heimtückische Buckelpiste verwandelten. Es gab keinen Grund, hinauszugehen. Der erste isländische Kriminalroman nach einem authentischen Fall lag vor mir. 1929 erstmals erschienen. 300 Seiten im Warmen nur für mich. Ein Mann und eine Frau wurden des gemeinschaftlichen Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Huh. Das wollte ich eigentlich nicht lesen.
Versoffene Schöffen in pelzigen Gewändern
Aber das Buch, fein gebunden in einer Dünndruckausgabe des Reclam Verlages, ließ sich nicht weglegen. Trotz endloser Gerichtsverhandlungen. Befragungen von schürfender, nervenzerrender Art. Blutrünstig versoffene Schöffen in pelzigen Gewändern, verräucherte Katen. Das Gefängnis ein Stall. Ganz Island soll sich 1802 mit einer unpassierbaren Gletscherschicht überzogen haben. Es schneite, taute, schneite, fror und fror. Monatelang. Wer nicht genug Heu im Stall hatte, verlor seine Tiere. Wer krank wurde, musste sterben. Wer sich verliebte war ausgeliefert. Niemand außer den Vögeln, konnte in die abseits gelegene Gemeinde an der schroffen Westküste Islands vordringen.
Zwei Jahre arbeitete die Idee
In diesem Winter brach eine heillose Liebe zwischen dem rotmähnigen Bauern Bjarni und der stillen Steinnun aus. Beide gefangen in einem Gehöft, belauert und umkämpft von ihren Ehepartnern. Gerüchte drangen trotzdem durch. Eine angespülte Leiche, Neid auf die verbotene Liebe und ein Richter, der das gehorsame Grauen lehrte. Zwei Jahre lang trug ich das Buch mit mir rum. Keine Idee, wie diese grandiosen Beschreibungen von Naturgewalt, fremder herber Schönheit, Gott verlorener Liebe auch nur annähernd in ein Hörspiel fließen könnten.
Im Sommer an der Elbe
Als ich nicht mehr an das Eis dachte, mitten im Sommer, kam eine freundliche Anfrage des Reclam Verlegers, wann denn mit dem Hörspiel zu rechnen sei. Die Erben von Gunnar Gunnarsson würden sich schon freuen. Ich fuhr in die Sächsische Schweiz, ins Haus Sonneneck, mit Blick auf die Elbe und den Lilienstein. Island war ganz nah, die 210 Jahre Zeitunterschied spielten keine Rolle. Ich wollte Bjarni und Steinnun leben lassen. Aber es ging nicht.
Andrea Czesienski