Öland

Hinter der abendlichen Kulisse der schwedischen Ostseeinsel Öland geht am 31.07.2007 die Sonne unter.
Abendliche Kulisse auf schwedischer Ostseeinsel Öland © picture alliance / dpa / sopues
Hörspielbearbeitung: Andrea Czesienski · 22.12.2014
Im dichten Nebel von Öland verschwindet ein Kind. Erst 20 Jahre später findet sich eine Spur. Julia, die Mutter des Jungen, erhält einen dringenden Anruf von ihrem 78-jährigen Vater.
Sie soll nach Öland kommen und ihm bei der Suche nach dem Jungen helfen. Seit langem gab es das Gerücht, der unheilbringende Nils Kant sei der Mörder des Kindes gewesen. Aber Nils Kant war längst begraben, als der Junge verschwand. Andere meinen, er wandere noch immer über die weite Kalkebene von Öland.
Aus dem Schwedischen von Kerstin Schöps
Regie: Götz Naleppa
Musik: Werner Cee
Mit: Astrid Meyerfeldt, Traugott Buhre, Götz Schubert, Matthias Brenner, Klaus Herm, Christine Oesterlein, Udo Schenk u.a.
Ton: Lutz Pahl
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2009

Länge: 56'29
Johan Theorin, geboren 1963 in Göteborg, verbringt seine Sommer auf der mythischen Insel Öland. Von den vier Romanen seines Krimi-Quartetts produzierte Deutschlandradio Kultur: "Öland" (2009), "Nebelsturm" (2011) und "Blutstein" (2012).

Andrea Czesienski auf ihrer Reise nach Öland an einem Steinbruch.
Andrea Czesienski auf ihrer Reise nach Öland an einem Steinbruch. © privat
Spurensuche in Öland
Hörspielbearbeiterin Andrea Czesienski machte sich auf den Weg
Obwohl ich noch nie dort war, schien mir kaum eine Landschaft vertrauter als die Ostseeinsel Öland, gelegen an der Ostseite Schwedens mit weitem Blick nach Russland. "Öland", "Nebelsturm" und "Blutstein" waren fertige Kriminalhörspiele. Sie spielten im Herbst, im Winter und im Frühling. Der Sommerkrimi "Inselgrab" war im Entstehen.
Sieben Tage Sonne
Anfang Mai 2011 fuhren wir endlich über die Sundbrücke. Die Öländer erwachten aus einem langen Winter und blinzelten uns an. Jetzt schon Urlaub? Viel zu früh. Aber wir hatten Glück. Sieben Tage Sonne. Sieben Tage Spurensuche. Die Leuchttürme, die grünen und altrosafarbenen Steinbrüche, die noch einsamen Strände mit ihren terrassenförmig ins Wasser gleitenden Steinplatten, die Windmühlen, die mannshohen Wacholderbüsche in der Stora Alvaret. Alles da. Und doch alles anders als in den Büchern von Johan Theorin.
Wo war der gruslige Antiheld?
Die geheimnisumwobene, geologisch einmalige Kalksteppe Stora Alvaret, in der sich in meinen Gedanken noch immer der Geist des untoten Nils Kant aus dem ersten Öland-Krimi herumtrieb, sie gab es und es gab sie nicht. Wie normal war diese erlesene Landschaft. Das Wetter war so schön, dass ich weder den grusligen Antihelden entdeckte noch den alten Fischer Gerloff Netze flickend bei Nebelschwaden am Strand sitzen sah. Die steinalte Wikingerkirche in Källa verströmte schwere Geschichte, aber genau die kam in den Romanen nicht vor.
"Bitte tun Sie dem alten Wrack nicht weh!"
Auch Schiffswracke gab es nicht. Im Buch "Öland" schienen sie die Insel zu umlagern. Wo waren die verdammten Wracks? In einem verwunschenen Naturschutzreservat im Nordosten fanden wir eins. Ein gewaltiges morsches Gerippe. Auf einem Schild stand: "Bitte tun Sie dem alten Wrack nicht weh." Etwas außerhalb seines Kreises lag ein abgesprengtes kleines Teil in Form eines Krokodils. Wir entführten es. Nicht ohne schlechtes Gewissen. Wie einen zwei Kilo schweren Säugling trugen wir das Ding unter einer Jacke versteckt zum Auto. Dort fing es sofort an zu stinken. Nach Modder, Fisch, hartem Salz, nach Angst und Tod. Wir wickelten es dicht ein. Ich wollte es nicht hergeben. Wenn schon das Literaturerlebnis so viel intensiver war als die schöne Wirklichkeit, sollte ein real stinkender Schiffssplitter, den sich die Wellen sowieso geholt hätten, mich daran erinnern, dass es das geheimnisumwitterte Öland gab.
Holz mit Baucherkrankung
Wir fuhren benebelt nach Hause. Vor unseren Augen fing das Holz an zu schrumpfen. Dafür stellte es das Gasen ein. In Höhe des hölzernen Krokodilkopfes löste sich ein Augenlid. Wir schämten uns. Mein Freund rettete es nach langen Recherchen schließlich mit einem Durchfallmittel, in dem sich ein Wirkstoff zur Konservierung befand. Das Ding stak tagelang kopfüber in der Lösung. Es schien sich wohl zu fühlen. Der Mülleimer quoll über mit Tütchen gegen eine Baucherkrankung. Als unser kleines Wrackholzkrokodil wieder trocken war, wir ihm sein Augenlid aufsetzten und es ins Regal zur Ruhe legten, fiel mir das Schild ein: "Bitte tun Sie dem alten Wrack nicht weh". Das Krokodil stellt sich seitdem tot.